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Zukunft und Ausbildung

Wie alle Handwerksbereiche leidet auch das Bäckerhandwerk unter einem Lehrlings- und Fachkräftemangel. Der Zentralverband arbeitet mit viel Engagement daran, Lösungswege zu entwickeln, um die Zukunft der Mitgliedsbetriebe sicherzustellen. 2018 wurde das Budget dafür weiter erhöht und der Zentralverband mit einem Referenten für Berufsbildung und Fachkräftesicherung personell verstärkt.

Größeres Budget und hohes Engagement

Fleiß und Tüchtigkeit haben im Bäckerhandwerk immer für eine positive Entwicklung gesorgt. Doch die Tatkraft von Meistern und Mitarbeitern entscheidet heute nicht mehr allein darüber, wie es weitergeht. Der allgegenwärtige Lehrlings- und Fachkräftemangel belastet enorm. Neben der Digitalisierung ist daher die Nachwuchsgewinnung ein zentrales Thema für das Bäckerhandwerk. Gründe dafür sind der demografische Wandel und eine verfehlte Ausrichtung des Bildungswesens in Deutschland. Hier für Abhilfe zu sorgen bzw. Lösungskonzepte zu finden, zu beschließen und nachzuhalten, ist eine wichtige, dringende Aufgabe der Politik. Wir begrüßen in der Bildungspolitik richtige und wichtige Ansätze, es bleibt allerdings nach wie vor „Luft nach oben“. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks macht sich seit Jahren auf vielen Ebenen für die Nachwuchsarbeit stark. Er sucht nach neuen Wegen, um mehr Auszubildende für unser Bäckerhandwerk zu gewinnen und als Fachkräfte im Bäckerhandwerk zu halten und zu binden. Der ZV sieht darin eine Aufgabe von höchster Bedeutung.

Milestones:

Forderungen an die Politik und Maßnahmen zur Berufsorientierung Im Gespräch mit Politik und Ministerien

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat die Politik und die Vertreter der zuständigen Bundesministerien auf die personelle Lage in den Betrieben hingewiesen; Forderungen zur Verbesserung der Ausbildungssituation wurden vorgebracht. So halten wir es für dringend geboten, Fehler in der staatlichen Bildungs- und Familienpolitik zu korrigieren. Der Zentralverband hat dazu ein familienpolitisches Positionspapier des Handwerks angeregt, mitgestaltet und mit auf den Weg gebracht.

Die Politik hat eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) beschlossen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat – in Abstimmung mit dem Zentralverband des Bäckerhandwerks – hierzu gegenüber der Politik Stellung genommen. Der Zentralverband hat in einem Arbeitskreis des ZDH zu dem Thema mitgewirkt und dort die Interessen des Bäckerhandwerks eingebracht.

Die Mindestausbildungsvergütung hingegen, die von der Großen Koalition beschlossen worden ist, lehnt der Zentralverband ab. Dieses Instrument untergräbt die geltende Tarifautonomie. Die Sozialpartner haben in vielen mühsamen Verhandlungen ein gut austariertes Gefüge branchendifferenzierter Ausbildungsvergütungen entwickelt. Dieses Vertragswerk funktioniert und darf nicht ins Wanken geraten.

Weitere Forderungen sind:

  • Gleichbehandlung von akademischer Bildung und dualer Berufsausbildung: Beide Bildungswege haben den gleichen Rang in unserer Gesellschaft und die gleiche Bedeutung für sie.
  • Azubi-Tickets zum Nulltarif: Ein solches Angebot wäre überaus attraktiv für den betrieblichen Nachwuchs. Es sollte flächendeckend eingeführt werden. Die Kosten übernimmt der Staat.
  • Verbesserung der Berufsorientierung in allgemeinbildenden Schulen.

Attraktive Ausbildung

Um den Nachwuchs für das Bäckerhandwerk zu interessieren, muss man nach Wegen suchen, die Jugendlichen zu begeistern. Das hängt nicht nur vom Geld ab. Eine freundliche Arbeitsatmosphäre, Zuwendung und pädagogisches Geschick in einem kollegialen Umfeld sind oft wichtiger. Vertreter des Zentralverbands und der Ausbildungsbetriebe haben darüber im vergangenen Jahr gesprochen. Mit am „runden Tisch zur Ausbildungssituation“ saßen auch Experten der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und Pädagogen der Bäckerfachschulen und Berufsschulen. Sie sprachen über konkrete Ausbildungsmaßnahmen, um die Qualität und Attraktivität weiter zu erhöhen.

Leitfaden zur Lehrlingsausbildung

Ein Leitfaden mit Empfehlungen und HandIungshilfen soll die Betriebe unterstützen. Er wird seit 2018 angeboten und enthält alles Wissenswerte zum Ausbildungswesen: von der Nachwuchsgewinnung bis zu Fördermaßnahmen, von der richtigen Ansprache bis zu praktischen Beispielen aus dem Berufsalltag. Der Leitfaden kann unter baeckerhandwerk.de/leitfaden-gute-ausbildung/ heruntergeladen werden.

Zudem gab der Zentralverband des Deutschen Handwerks zusammen mit Handwerkskammern und zentralen Fachverbänden des Handwerks die Broschüre „Empfehlungen und Maßnahmen guter Ausbildungsqualität“ heraus. Sie ist als Ratgeber für die Ausbildungsbetriebe gedacht und steht allen Handwerksorganisationen zur Verfügung. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat sich in die Erarbeitung eingebracht und an dieser mitgewirkt.

Überbetriebliche Ausbildung

Wichtig ist auch die überbetriebliche Ausbildung. Dazu wurden von Experten der Bäckerfachschulen und Verbänden des Bäckerhandwerks – koordiniert vom Zentralverband – neue Unterweisungspläne erarbeitet und 2018 herausgegeben. Sie dienen als Grundlage für zweiwöchige Lehrgänge der Auszubildenden außerhalb der Ausbildungsbetriebe in überbetrieblichen Bildungseinrichtungen. Sie wurden vom Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik und dem Bundeswirtschaftsministerium anerkannt und für „förderfähig“ befunden. Der Zentralverband half dabei, die neuen Pläne bei mehreren regionalen Informationsveranstaltungen bekannt zu machen.

Reform der Ausbildungsverordnung Fachverkauf

Zudem wurde und wird weiter mit dem ZDH, den Verbänden des Fleischerhandwerks und dem Deutschen Konditorenbund an einer Reform der Ausbildungsverordnung für angehende Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk gearbeitet.

Neue Angebote für neue Zielgruppen

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks geht mit der Zeit. Im Berichtszeitraum wandte er sich wiederholt ganz neuen Zielgruppen zu, um die Betriebe bei ihrer Nachwuchsarbeit zu unterstützen. Dabei bediente sich der ZV auch solcher Formate wie der Schülerpressekonferenz während der Grünen Woche oder der Öffentlichkeitsarbeit im Umfeld der Berliner „FuckUp Night“ für Studienabbrecher. Zur Akquise von Bewerbern mit Migrationshintergrund steht ein Video im Netz. Es kam in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung zustande.

MYSKILLS

Leistungswettbewerbe

Nichts motiviert mehr als der berufliche Erfolg. Für die Lehrlinge gilt das im besonderen Maße. Der Zentralverband ist im Berichtszeitraum an die Obermeister, Lehrlingswarte und Prüfungsausschüsse der Bäckerinnungen herangetreten, um besonders befähigte Nachwuchsbäcker und -fachverkäufer zur Teilnahme am Leistungswettbewerb des Deutschen Bäckerhandwerks (PLW) zu gewinnen. Auch die Handwerkskammern und Berufsschulen wurden angesprochen. In diesem Zusammenhang wurden Flyer und ein einminütiges Video.

DMDBJ 2017

Neue Ausbildungsvergütung

Darüber hinaus sind im Jahr 2018 der Tarifvertrag für Auszubildende angepasst und die Ausbildungsvergütung in zwei Stufen zum 01. September 2018 sowie nochmals zum 01. September 2019 erhöht worden. Zusammen mit der NGG hat der Zentralverband die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages erwirkt. Er ist damit für alle Auszubildenden gültig, die in einer Bäckerei eine Lehre machen, und zwar ausdrücklich auch für Lehrlinge in nicht tarifgebundenen Betrieben.

Nachhaltiges Wirtschaften

Wer sorgsam mit den Ressourcen umgeht, handelt nachhaltig. Er arbeitet wirtschaftlich bewusst, spart Rohstoffe und Energie und schont die Natur. Die Verbände des Bäckerhandwerks und viele Handwerksbäckereien befassen sich seit Jahren intensiv mit diesem Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Vor diesem Hintergrund hat sich der Zentralverband als Praxispartner dem Verbundprojekt KORN-SCOUT angeschlossen. Das Projekt soll  über nachhaltiges Handeln im Berufsalltag aufzuklären und alle Grundkenntnisse schon in der Ausbildung  vermitteln. In diesem Zusammenhang entwickeln die Verbundpartner diverse innovative Lehr-Lern-Materialien für zukünftige „Korn-Scouts“. Die Bildungsmaterialien sind frei zugänglich. Das Bundesinstitut für Berufliche Bildung fördert das Projekt. Die Mittel dazu kommen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin.

Beim Thema Nachhaltigkeit sind folgende Aspekte im Bäckerhandwerk besonders wichtig:

  • Regionale Zutaten und Rohstoffe
  • Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter
  • Kommunikation mit dem Verbraucher
  • Vermeidung von Überproduktionen
  • Backwaren vom Vortag
  • Reservierte Brote für den Abend

Der Ausbildungsbereich bleibt für den Zentralverband ein Hauptbetätigungsfeld. Michael Wippler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, macht den Mitgliedern trotz aller Schwierigkeiten Mut. „Wir wissen“, sagt er, „dass unsere Branche im Nachwuchsbereich vor großen Herausforderungen steht. Aber ich bin überzeugt, dass wir die Probleme meistern werden. Alle Betriebe arbeiten daran mit. Denn ihnen ist klar: Nur mit einer guten Ausbildung gewinnen wir die Zukunft.“