02.5

Arbeitszeitgesetz: Bäcker für neue Sonn- und Feiertagsregelung

Das derzeit geltende Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erlaubt es, Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in Bäckereien und Konditoreien für bis zu drei Stunden in der Herstellung, für das Austragen oder Ausfahren von Backwaren zu beschäftigen. Bei Verstößen drohen Geldbußen in bis zu sechsstelliger Höhe.

Aus den Mitgliedsbetrieben und den Landesinnungsverbänden hat der Zentralverband in den vergangenen Jahren zahlreiche Rückmeldungen erhalten, dass die erlaubten drei Stunden nicht ausreichen, um das Sortiment für den Sonntag herzustellen und zu bestücken. Ein Grund dafür sind die gestiegenen Filialzahlen. Hinzu kommt, dass die Behörden das Gesetz sehr eng auslegen.

Backshops, Tankstellen, Lebensmittel-einzelhandel und Discounter dürfen – Bäckereien nicht

Hinzu kommt: Die Betriebe des Bäckerhandwerks stehen in einem besonderen Wettbewerb mit Backshops, Tankstellen und dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und hier insbesondere den Discountern. Tankstellen, Backshops, LEH und Discountern in Bahnhöfen wird ohne Beschränkung gestattet, den gesamten Sonntag über Backwaren aufzubacken und zu verkaufen. Das Problem der Produktionszeiten am Sonn- und Feiertag stellt sich für diese nicht, da sie lediglich vorproduzierte (Tiefkühl-)Teiglinge aufbacken. Hierin liegt aus Sicht des Zentralverbandes eine ganz erhebliche Wettbewerbsverzerrung und Ungleichbehandlung.

Mitarbeiter und Kunden wollen Änderung

Und die Realität ist: Wir wissen, dass viele Mitarbeiter gerne am Sonntag arbeiten und dann länger als drei Stunden. Manche Mitgliedsbetriebe finden kaum Mitarbeiter, die bereit sind, nur drei Stunden am Sonntag zu arbeiten.

Außerdem erwarten Kunden – im ländlichen Raum und in der Großstadt – auch an Sonn- und Feiertagen das gewohnte und bekannte Sortiment an Bäckerei- und Konditoreiwaren in seiner ganzen Vielfalt vorzufinden und einkaufen zu können. Um diese Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden zu bedienen und sich im Wettbewerb mit Tankstellen, Backshops und dem Lebensmitteleinzelhandel behaupten zu können, ist die Herstellung von Backwaren an Sonn- und Feiertagen in einem Umfang von mehr als drei Stunden zwingend notwendig.

Milestone:

Dringend mehr Stunden nötig

Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, das ArbZG zu ändern und ein Moratorium zu erlassen. Die betroffenen Betriebe erwarten und benötigen von der Politik dringend eine schnelle und praktikable Lösung.

Erfolg für den Zentralverband – aber ein politischer Vorstoẞ scheitert

Der Zentralverband setzte sich daher intensiv dafür ein, die zulässige Arbeitszeit in der Herstellung von Backwaren auf acht Stunden auszuweiten. Mit Erfolg: Mittlerweile sehen auch die Gewerkschaft NGG, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Politik die Notwendigkeit einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Der DGB hat in einer Stellungnahme im Mai 2017 eine Änderung des ArbZG als notwendig bezeichnet, um die Wettbewerbschancen des Bäckerhandwerks mit anderen Anbietern, zum Beispiel Tankstellen, herzustellen. Zur gleichen Zeit ist allerdings ein politischer Vorstoß zur Verlängerung der gesetzlich festgeschriebenen maximalen Sonntagsarbeitszeiten in der Herstellung im Bäckerhandwerk gescheitert. Seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wurde eine Ausweitung auf fünf Stunden, bezogen auf das gesamte Unternehmen, per Tarifvertrag, vorgeschlagen. Doch diesen Vorschlag des BMAS lehnten die Landesinnungsverbände – und mit ihnen auch der Zentralverband – als nicht weitgehend genug ab. Die fünf Stunden sollten nach Vorstellung der Politik pro Betrieb gelten und nicht pro Mitarbeiter.

 

Weiterer Einsatz des Zentralverbandes zur Änderung des ArbZG

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 wandte sich der Zentralverband an die Parteien sowie danach an zahlreiche Teilnehmer der Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen, an die Bundesregierung und verschiedene Bundestagsabgeordnete, um erneut auf das Anliegen hinzuweisen. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD finden sich zwar Aussagen, wonach die Große Koalition Unternehmen Abweichungen von den derzeitigen gesetzlichen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes erlauben will, offenbar soll dies aber nur über Tarifverträge und probeweise ermöglicht werden.

Der Zentralverband des Bäckerhandwerks hat sich im Berichtszeitraum weiter intensiv dafür eingesetzt, dass die Arbeitszeiten in der Herstellung von Backwaren an Sonn- und Feiertagen auf acht Stunden betriebsbezogen ausgeweitet werden – und zwar nach Möglichkeit unmittelbar kraft Gesetzes, unabhängig von einem Tarifvertrag. Dies geschah in zahlreichen Gesprächen mit dem BMAS, Abgeordneten von CDU, SPD und FDP, der NGG und Vertretern der Kirchen.

Ausblick:

Forderungen des Zentralverbandes

  • Die Politik muss sich dringend kurzfristig für eine Änderung von § 10 Abs.3 ArbZG einsetzen.
  • Die Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen sollten auf acht Stunden ausgeweitet werden – und zwar unmittelbar kraft Gesetzes, unabhängig von einem Tarifvertrag.
  • Wenn sich dies allerdings politisch nicht durchsetzen lassen sollte, würde der Zentralverband des Bäckerhandwerks nunmehr auch eine gesetzliche Tariföffnungsklausel akzeptieren, die es erlaubt, die Arbeitszeit in der Herstellung von Bäckerei- und Konditoreiwaren an Sonn- und Feiertagen aufgrund eines Tarifvertrages auf acht Stunden auszuweiten.

Bei Abschluss dieses Geschäftsberichts wurde erwartet, dass die Große Koalition im Herbst 2019 ein Gesetzespaket mit mehreren Arbeitsrechtsänderungen vorlegt. Der Zentralverband wird sich dafür einsetzen, dass das o.g. Anliegen dort einbezogen wird.