02.1

Energiewende

Der Umbau unserer Wirtschaft hin zu erneuerbaren Energien und zur Vermeidung von Treibhausgasen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von allen gleichermaßen getragen werden muss. Die Betriebe des Bäckerhandwerks sind sich ihrer Verantwortung bewusst und haben die Energiewende bisher mit enormen Zahlungen mitgetragen. Mittelständler, das heißt auch die Bäcker, werden aber seit Jahren einseitig und zunehmend stärker belastet. Die Kosten für die Energiewende sind unfair verteilt.

Energieeffizienz in den Betrieben

Der Zentralverband und das Bäckerhandwerk insgesamt messen dem Klimaschutz und der Energiewende eine hohe Bedeutung zu. Deshalb wird bereits seit Längerem daran gearbeitet, die Energieeffizienz der Betriebe zu steigern. Über Energie-Management-Systeme (EnMS) und Maßnahmen zum Energiecontrolling wurden und werden erhebliche Fortschritte erzielt. Die Verbände des Bäckerhandwerks begleiten die Betriebe bei diesem Thema mit hilfreichen Tipps und Hinweisen zum Energiesparen. Bei den Landesinnungsverbänden können sich die Mitglieder eingehend in dieser Sache beraten lassen. Viele Betriebe greifen inzwischen auf ein ganzes Netzwerk externer Fachleute zurück und pflegen die Zusammenarbeit mit Zertifizierern, um den Energieverbrauch messbar zu senken.

Der Zentralverband wirbt bei den Betrieben in diesem Zusammenhang dafür, die Angebote der „Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz“ (MIE) zu nutzen. Die MIE wurde im Jahr 2013 von der Bundesregierung zusammen mit dem ZDH und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ins Leben gerufen. Für das Handwerk setzen der ZDH und die beteiligten Umweltzentren des Handwerks die MIE bundesweit um. Die MIE hilft mit Informationen, Qualifizierungen und Ansprechpartnern in Handwerkskammern und Verbänden, die Energieeffizienz von Handwerksbetrieben zu verbessern. Materialien wie der „Leitfaden Energieeffizienz im Handwerk“ oder ein „Energiebuch für Handwerksbetriebe“ helfen dabei. Die Beratung der MIE wird von vielen Handwerksbäckereien genutzt, um die Ressourcen nachhaltig zu schonen und die Energiekosten zu senken. Die Initiative wird von der Bundesregierung gefördert.

Energiewende auf Abwegen

Die Energiewende stellt Politik und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Wenn sie gelingen soll, muss sie jedoch überzeugend gestaltet werden und frei von vermeidbaren Belastungen sein. Leider sind wir davon weit entfernt.

Kostenbelastung enorm gestiegen

Infolge der Energiewende sind die Stromkosten in den letzten Jahren enorm angestiegen und mittlerweile die höchsten in Europa. In ihrer derzeitigen Höhe belasten sie viele Bäcker in Deutschland inzwischen in einem unerträglichen Umfang. An der EEG-Umlage lässt sich das ablesen: Im Jahr 2003 waren nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz noch 0,41 Cent/kWh zu zahlen. Seither stieg dieser Posten um ein Vielfaches und lag 2018 bereits bei 6,79 Cent/kWh. Das ist eine Kostenexplosion. Folgendes Beispiel mag das verdeutlichen: Zahlte ein Handwerksbetrieb mit einem Stromverbrauch von 1,3 Mio. kWh im Jahr 2003 noch 5.330 € EEG-Umlage, waren es 2018 bereits 88.270 €. Rechnet man Stromsteuer, Netzentgelte und weitere energiewendebedingte Umlagen hinzu, belaufen sich die Stromkosten in unserem Beispiel mittlerweile auf einen sechsstelligen Betrag.  Wenn man die inzwischen erreichte Gesamtbelastung aus EEG-Umlage, weiteren energiewendebedingten Umlagen, Netzentgelten und weiteren Strompreissteigerungen, die sich etwa aus dem Netzentgeltmodernisierungsgesetz für zahlreiche Handwerksunternehmen ergeben, berücksichtigt, wird deutlich, dass die Schmerzgrenze für die Betriebe überschritten ist.

Die o. g. Entwicklung der letzten Jahre im Bereich der Stromkosten ist unverantwortlich und kontraproduktiv. Vielen kleinen und mittelständischen Handwerksbäckereien, die diese Lasten schultern müssen, fehlt dadurch das Geld für notwendige Investitionen an anderer Stelle – und natürlich auch für Modernisierungen im Sinne der Energiewende. Hier ist der Staat gefordert. Wenn die Politik nicht eingreift, laufen uns die Stromkosten endgültig davon.

Eine grundlegende Reform der Finanzierung der Energiewende ist deswegen dringend geboten. Für eine solche Reform setzt sich der Zentralverband seit Jahren gegenüber der Politik ein.

Wettbewerbsverzerrung durch Befreiungen für Brotfabriken

Hinzu kommt: Im Gegensatz zum Bäckerhandwerk sind nach wie vor große Brotfabriken, die den deutschen Einzelhandel und damit die direkte Konkurrenz des Bäckerhandwerks mit Tiefkühlbackwaren beliefern, von der EEG-Umlage teilweise befreit. Betriebe des Lebensmittelhandwerks dagegen müssen die EEG-Umlage vollständig zahlen und die teilweise Befreiung dieser Industrieunternehmen auch noch mitfinanzieren. Die Verbände des Bäckerhandwerks fordern seit Jahren, diese staatlich verursachte Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen. Eine grundlegende Reform der Finanzierung der Energiewende ist auch aus diesem Grund zwingend erforderlich.

CO2-Emissionen trotz des EEG in Deutschland kaum gesunken

Bisherige teure Maßnahmen zeigen obendrein unter Klimaschutzgesichtspunkten ein dürftiges Ergebnis: Trotz des durch das EEG massiv subventionierten Ausbaus erneuerbarer Energien sind die CO2-Emissionen in Deutschland kaum gesunken. Der enorme Aufwand und die starke Belastung der Bürger und der Wirtschaft mit energiewendebedingten Umlagen stehen hierzu in krassem Missverhältnis. Es zeigt sich: Der in der Energiewende eingeschlagene Kurs ist ein Irrweg. Wenn die Energiewende gelingen soll, muss die Politik einen substanziellen Systemwechsel in der Energiewende- und Klimaschutzpolitik in Angriff nehmen. Dieser muss vernünftig, gerecht und für alle bezahlbar sein und darf nicht dazu führen, dass mittelständische Wirtschaftsbereiche wie das Bäckerhandwerk gefährdet werden.

CO2-Bepreisung „on top“?

Das Klimakabinett der Bundesregierung zieht nun die Einführung einer CO2-Bepreisung in Erwägung. Am 20. September sollten lt. Presseberichten die Beschlüsse gefasst werden, die dafür notwendig sind. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat zu diesem für unsere Bäckerhandwerksbetriebe sehr wichtigen Thema ein Positionspapier erarbeitet, das auf seiner Internetseite abrufbar ist:

https://www.baeckerhandwerk.de/fileadmin/REDAKTION/pdf/Stellungnahmen/Positionspapier_zur_Einführung_einer_CO2-Bepreisung.pdf

Das Papier hat der Zentralverband an die zuständigen Staatssekretäre der beteiligten Bundesministerien, das Bundeskanzleramt sowie an ausgewählte Fachabgeordnete des Deutschen Bundestages gesandt.

Wenn eine CO2-Bepreisung – was offenbar Teilen der Politik vorschwebt – einfach „on top“ zu den bisherigen Regelungen, Steuern und Umlagen im Energiebereich hinzukommt, läuft dies für die Betriebe des Bäckerhandwerks auf eine zusätzliche, endgültig untragbare Belastung hinaus, die unternehmerische Existenzen und Arbeitsplätze vernichten wird. Eine aktuelle Studie des ifh Göttingen kommt zu dem Ergebnis, dass die Mehrkosten durch eine CO2-Bepreisung in Handwerksunternehmen durchschnittlich (über alle Unternehmen und Handwerkszweige hinweg) bei einem Preis von 60 Euro pro Tonne CO2 sich auf ca. 150 Euro pro Mitarbeiter und Jahr belaufen (bei einem Preis von 120 €/t CO2 sind es der Studie zufolge 300 € pro Mitarbeiter und Jahr). Größere Unternehmen werden dabei prinzipiell weniger stark getroffen als kleinere Unternehmen, da sie tendenziell energieeffizienter arbeiten.

Ausblick:

Forderungen des Zentralverbands

  • Eine etwaige CO2-Bepreisung darf auf keinen Fall einfach „on top“ zu den bisherigen Regelungen, Umlagen, Entgelten, Abgaben und Steuern im Energiebereich hinzukommen. Sie muss mit einer grundlegenden Reform des bestehenden Gesamtgebäudes aus Umlagen, Entgelten, Abgaben und Steuern im Energiebereich verbunden werden. Zusätzliche Belastungen für die klein- und mittelständisch geprägten Handwerksunternehmen und privaten Stromverbraucher müssen dabei strikt vermieden werden.
  • Eine etwaige CO2-Bepreisung muss dem Ziel dienen, möglichst wirksam Treibhausgasemissionen zu reduzieren und nicht dem Ziel, zusätzliche Haushaltseinnahmen zu erzielen. Sie muss zu realen, spürbaren Netto-Kostenentlastungen der betroffenen Unternehmen und privaten Verbraucher im Stromkostenbereich im Vergleich zu den vergangenen Jahren führen. Wie dies erreicht werden kann, dazu hat der Zentralverband des Bäckerhandwerks in einem Positionspapier einen konkreten Vorschlag gemacht (siehe oben).
  • Etwaige Maßnahmen von Regierung und Politik dürfen nicht zu zusätzlicher Bürokratie führen und müssen endlich faire Wettbewerbsbedingungen herstellen.