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Lebensmittelrecht: Auf Seite der Betriebe und Kunden

Brot ist seit jeher eines der wichtigsten Lebensmittel in Deutschland. Daher ist umso wichtiger, dass die Backwaren von höchster Qualität sind. Für die rund 11.000 Meisterbetriebe haben die Zufriedenheit der Kunden, ihre Gesundheit und eine ordnungsgemäße Herstellung der Backwaren oberste Priorität. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, seine Landesinnungsverbände und die Innungen unterstützen die Innungsbetriebe dabei, die Vorschriften des Lebensmittelrechtes zu beachten.

Von der mittelalterlichen Bäckertaufe zum modernen Lebensmittelrecht

Die deutsche Brotvielfalt lebt vom Variantenreichtum der Rezepturen und der Kreativität unserer Bäcker. Die Freiheit, die eigenen Ideen umzusetzen und sich inspirieren zu lassen, hat diese Vielfalt erst ermöglicht. Aber schon in der Antike gab es Vorschriften, an die sich Bäcker halten mussten. Noch im Mittelalter drohten drakonische Strafen, wenn Brote mit zu geringem Gewicht oder von minderwertiger Qualität hergestellt wurden. Hieraus entwickelte sich das Lebensmittelrecht. Es ist ein Garant dafür, dass dem Verbraucher heute hygienisch einwandfrei hergestellte und gesundheitlich sichere Lebensmittel von gleichbleibender und verlässlicher Qualität angeboten werden.

Rechtsfragen

Das moderne Lebensmittelrecht soll die Gesundheit der Verbraucher schützen und zugleich faire Bedingungen im Wettbewerb aller Lebensmittelhersteller schaffen. Es ist weniger Last als helfende Richtschnur für unsere Betriebe. Schon die Auszubildenden im Bäckerhandwerk lernen von Anfang die wichtigsten Regeln kennen. Für die angehenden Bäckermeister sowie die Verkaufsleiter-Schüler gehört das Lebensmittelrecht an unseren ADB-Fachschulen zum Pflichtprogramm. Und der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks informiert die Betriebsinhaber regelmäßig über die wichtigsten Neuerungen. Er steht seinen Mitgliedsbetrieben aber auch schützend zur Seite, wenn sinnwidrige Vorschriften das bestehende Gleichgewicht aus Verbraucherschutz und unternehmerischer Freiheit stören oder ohne Not Regelungen verschärft werden sollen, um kurzfristige Überzeugungen zu befriedigen.

Acrylamid

Seit dem 11. April 2018 ist die neue Acrylamidverordnung in Kraft, die unseren Bäckern dabei helfen soll, auch in Zukunft einwandfreie Backwaren herzustellen. Acrylamid entsteht bei der Überhitzung von Stärke und kann, wenn es in höheren Mengen konsumiert wird, gesundheitsschädlich sein. Die Substanz entwickelt sich beim Frittieren von Pommes Frites, beim Braten von Kartoffeln, aber eben auch beim Backen von Brot. Durch geeignete Maßnahmen kann das Entstehen von Acrylamid in Backwaren reduziert werden, sodass Brote und Kleingebäck von Handwerksbäcker auch weiterhin sichere Lebensmittel sind, die zu einer gesunden Ernährung beitragen.

Die neue Verordnung verpflichtet die Bäckereibetriebe dazu, die Werte von Acrylamid in den Produkten weiter zu senken. Problematisch sind die von der Politik beschlossenen Werte allerdings bei einigen traditionellen Backwaren wie z. B. Lebkuchen oder Gersterbrot. Beim Lebkuchen kann – bedingt durch die Verwendung von Honig und Sirup sowie Mandeln –vermehrt Acrylamid entstehen. Beim Gersterbrot führt das Flämmen der Kruste zu demselben Effekt. Der Zentralverband setzt sich dafür ein, dass für solche traditionellen Backwaren höhere Werte gestattet werden. Anderenfalls müssten die Handwerksbäcker ihre Rezepturen erheblich ändern. Das würde zwangsläufig zu deutlichen Änderungen im Geschmack führen und letztlich das Ende dieser Backwaren bedeuten.

Veröffentlichung von Kontrollergebnissen nach § 40 LFGB

Die Betriebe des Bäckerhandwerks werden, wie alle Lebensmittelunternehmen, regelmäßig behördlich geprüft. Besonders geachtet wird auf die Einhaltung der hygienerechtlichen Vorschriften. Auch andere Fragen, wie z. B. die korrekte Auszeichnung der Lebensmittel, werden fortlaufend überprüft. Dabei kann es auch bei höchster Sorgfalt einmal ein Defizit geben, das sich jedoch im überwiegenden Teil der Fälle von den Beamten der Lebensmittelkontrolle und den betroffenen Unternehmern durch geeignete Verbesserungsmöglichkeiten beseitigen lässt. Manchmal aber, wenn auch selten, muss die Behörde bei erheblichen Verstößen Maßnahmen ergreifen.

Nach § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) sollen solche erheblichen Verstöße veröffentlicht werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte in diesem Zusammenhang jedoch die ursprüngliche Regelung für verfassungswidrig erklärt und die Einführung einer angemessenen Löschungsfrist angemahnt. Auf diese Weise sollte gewährleistet sein, dass ein einmaliger Fehler nicht ungebührlich lange oder gar unbegrenzt öffentlichkeitswirksam angeprangert wird. Eine solche Praxis wäre für betroffene Unternehmen und damit auch für die Inhaberfamilien und die Beschäftigten existenzgefährdend gewesen.

Im Oktober 2018 hat der Bundestag einer Neufassung des § 40 LFGB zugestimmt, um die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen. Doch entspricht dieses Gesetz nach Auffassung des Zentralverbandes ebenfalls nicht den Vorgaben der Karlsruher Richter. Auch die Neufassung ermöglicht die Veröffentlichung von Bagatellfällen. Der Zentralverband setzt sich daher für eine Anhebung der Grenze ein, ab der Verstöße veröffentlicht werden. Statt bisher bereits ab einem Bußgeld von lediglich 350 Euro muss die Grenze auf 1000 Euro angehoben werden. Zudem muss hinsichtlich der Dauer der Veröffentlichung zwischen erheblichen und weniger erheblichen Verstößen unterschieden werden.

Transfettsäuren

Die Reduktion von Transfettsäuren (TFA) ist im gesamten Lebensmittelbereich ein wichtiges Thema, auch im Bäckerhandwerk. Der Zentralverband ist hier schon frühzeitig tätig geworden. 2016 beteiligte er sich an einer Informationskampagne für Lebensmittelhersteller, die erheblich zur Aufklärung in den Mitgliedsbetrieben beitrug. Inzwischen kann man feststellen, dass unsere Unternehmer aus eigenem Antrieb alles tun, um TFA-Gehalte zu reduzieren. Diese Eigeninitiative war beispielhaft und sollte auch im politischen Raum anerkannt werden.

Milestones:

Informationen für Betriebe und Begleitung der Gesetzgebung

Gesetze müssen praxistauglich sein und erklärt werden, nur dann werden sie akzeptiert und wirken. Als Vertreter der Interessen der über 11.000 backenden Handwerksbetriebe und ihrer Mitarbeiter steht der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks im ständigen Austausch mit der Politik und anderen wichtigen Entscheidungsträgern. Im Berichtszeitraum hat sich der Zentralverband auf vielfältige Weise eingebracht. Ein Ausschnitt seiner Erfolge wird im Folgenden summarisch aufgelistet.

  • Mess- und Eichgebühren: keine Erhöhung der Kontrollgebühren beim Brotgewicht für kleine Betriebe.
  • 40 LFGB:  keine Veröffentlichung von Mängeln baulicher Art und Dokumentationsfragen. Keine Addition geringfügiger Bußgelder zum Erreichen der Veröffentlichungsschwelle.
  • Prangerplattform „TopfSecret“: Für die Betriebe wurden Mustertexte erstellt, mit denen sie auf Anfragen bei den Lebensmittelbehörden reagieren können. Der Zentralverband vertritt im Umfang von Musterprozessen einzelne Mitgliedsbetriebe vor den Verwaltungsgerichten. Angesichts der unklaren Rechtslage haben verschiedene Behörden bereits die Herausgabe zur Veröffentlichung auf „Topf Secret“ gestoppt.
  • Reduktions- und Innovationsstrategie: Mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde eine Grundsatzvereinbarung getroffen, die den Beitrag des Bäckerhandwerks bei der Informationskampagne zur Reduktion von Salzspitzen betrifft.
  • Acrylamidverordnung: Noch vor dem Geltungsbeginn der Verordnung wurde den Bäckerbetrieben ein Umsetzungsleitfaden mit leicht verständlichen Bildern zur Verfügung gestellt. Es konnte verhindert werden, dass Handwerksbetriebe teure prophylaktische Eigenuntersuchungen durchführen müssen.
  • In der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim wurde das Seminar „Lebensmittelrecht & Praxis UPDATE 2019“ durchgeführt.

Ausblick:

Gute Rahmenbedingungen für die Arbeit unserer Innungsbetriebe

Der Zentralverband fordert die Wiedereinführung der ermäßigten Mess- und Eichgebühren für kleine Bäckereien, die es bis zum Jahr 2015 gab. Darüber hinaus muss das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu § 40 Abs. 1a LFGB angepasst werden. Offen sind nach wie vor die Novellierung des Fertigpackungsrechts und die Kontrollvorschrift zur Überprüfung des Brotgewichts. Bei der Acrylamidverordnung setzt sich der Zentralverband dafür ein, dass die Bundesrepublik Deutschland das von der EU-Kommission vorgeschlagene Merkmal der Verbandszugehörigkeit anerkennt. Das heißt, wer Mitglied im Zentralverband bzw. einer seiner Innungen ist, ist von der Pflicht zur Durchführung teurer Eigenuntersuchungen befreit. Traditionelle Lebensmittel müssen unseren Betrieben und deren Kunden erhalten bleiben und daher von den offiziellen Richtwerten ausgenommen werden.