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Daten und Fakten: Betriebe kämpfen mit weniger Nachwuchs und viel zu teurer Energie

Der Berichtszeitraum begann nur wenige Monate nach den Geschehnissen in der Ukraine, die das Bäckerhandwerk nach Corona mit der nächsten Krise beutelte: Die Wirtschaft rutschte in eine Rezession, die Preise kletterten. Zwar blieb der Arbeitsmarkt stabil, aber die Erwartungen für die weitere Entwicklung fielen gedämpft aus. Besonders die rasant gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten sowie die Inflation wurden zu einer veritablen Herausforderung. Zahlreiche Betriebe kämpften hart und bewiesen nach der Pandemie abermals, wie widerstandsfähig und beständig die Bäckerbranche ist.

Energiepreise erst verdreifacht, dann wieder gesunken

Im Berichtszeitraum explodierten die Preise für Gas und Heizöl und belasteten die Betriebe enorm. Im August 2022 lagen die Gas-Importpreise satte 306 Prozent über denen des Vorjahresmonats. Anfang 2023 sanken sie wiederum um 40 Prozent. Die Preise für Heizöl lagen im März 2023 130 Prozent über denen des Vorjahres. Die Energiepreisbremsen, welche die Bundesregierung im Zuge der Kostenexplosion eingeführt hatte, pufferten die Lage ab und boten Betrieben etwas Sicherheit.

Inflation inzwischen schwächer, aber auf hohem Niveau

Im Juni 2023 lagen die Erzeugerpreise insgesamt 6,4 Prozent über denen des Vorjahres. Im Vergleich zum November 2022, als sie noch plus 8,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr betrugen, sanken sie also schon wieder spürbar.

Rezession in Deutschland, Konsumklima steigt

Die Rezession kam innerhalb des Berichtszeitraumes. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank zwei Quartale in Folge: Im vierten Quartal 2022 ging es gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozent bergab, im ersten Quartal 2023 um 0,3 Prozent. Die Daten gingen einher mit mauen Geschäftserwartungen. Schon seit Mitte 2021 war das Geschäftsklima gesunken und die Wirtschaft ging auch 2023 von einer weiterhin schwierigeren Lage aus. Zwischen Ende 2021 und Ende 2022 brach zudem das Konsumklima ein. Seit 2023 geht dieses aber wieder aufwärts.

4 Prozent weniger Betriebe, Organisationsgrad sinkt

Das Bäckerhandwerk zählte laut Deutschem Handwerkskammertag (DHKT) Ende 2022 insgesamt 9.607 Betriebe, das waren 358 Betriebe bzw. 3,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Zwar kamen im Laufe des Jahres 2022 mit 422 mehr Bäckereibetriebe als im Vorjahr hinzu – damals waren es 380 gewesen; aber dafür schlossen auch mehr: 780 im Vergleich zu 604 im Vorjahr. Erstmals mussten im Berichtszeitraum wieder etwa so viele Betriebe schließen wie vor Corona. Während der Pandemie war der Rückgang noch vergleichsweise moderat ausgefallen. Insgesamt waren 5.161 der Bäckereien Mitglieder in den Innungen, womit der Organisationsgrad der Bäckereien auf 53,7 Prozent sank. Gegenüber dem Vorjahr nahm die Zahl der Mitgliedsbetriebe um 297 Betriebe bzw. 5,4 Prozent ab.

9 Prozent mehr Umsatz, 1 Prozent weniger Beschäftigte

Die gute Nachricht: Der Umsatz der Betriebe im Bäckerhandwerk lag 2022 laut Statistischem Bundesamt bei 16,27 Mrd. Euro. Das waren 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Ein Großteil der Umsatzsteigerungen wurde von den allgemeinen Preissteigerungen verursacht, die wiederum durch die hohe Inflation ausgelöst worden waren. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl pro Betrieb kletterte leicht auf rechnerisch 24,8. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 24,2. Mit Blick auf das gesamte Bäckerhandwerk entwickelte sich die Anzahl der Beschäftigten jedoch weiterhin rückläufig. 2022 waren im Jahresdurchschnitt rund 238.200 Personen im Bäckerhandwerk tätig – 1,2 Prozent weniger als im Vorjahr.

Das Statistische Bundesamt, das seine Umsatzsteuerstatistik alle zwei Jahre veröffentlicht, präsentierte im Berichtszeitraum die Daten für 2021. Sie veranschaulichten: 2021 lag der Anteil der Bäckereien mit mehr als 5 Millionen Euro Jahresumsatz bei 5,9 Prozent. Diese kleine Gruppe erwirtschaftete 70 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche. Betriebe mit 500.000 bis 5 Millionen Euro Jahresumsatz machten 35,4 Prozent der Betriebe aus und sorgten für 23,7 Prozent des Branchenumsatzes. 58,7 Prozent aller Betriebe generierten weniger als 500.000 Euro Jahresumsatz. Sie trugen 6,2 Prozent zum Branchenumsatz bei. Der Prozentsatz der Kleinbetriebe bis zu 250.000 Euro Jahresumsatz lag bei 36,2 Prozent. Sie machten 2,2 Prozent des Marktumsatzes aus.

Das Bäckerhandwerk bietet Perspektiven – doch die Politik hinkt hinterher

Das Bäckerhandwerk bietet, was der Generation Z wichtig ist: krisensichere Arbeitsplätze, viele Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven mit sinnstiftenden Aufgaben. Doch ohne Unterstützung der Politik wird sich Deutschlands Wirtschaft und mit ihr das Bäckerhandwerk kaum aus der Situation herausmanövrieren können.

GIT lieferte exklusives Marktwissen für Betriebe

Die Bäcker profitierten im Berichtszeitraum erneut vom Wissen und Know-how der Gewerbespezifischen Informationstransferstelle (GIT): Ihr Ziel ist es, früh erkennbar zu machen, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, damit Betriebe erfolgreich am Markt bestehen. Dafür erfasste sie signifikante Daten zum Backwarenmarkt und stellte sie Landesinnungsverbänden bereit, etwa für die Beratung von Betrieben. Neben Fachzeitschriften, Börsenberichten und Meldungen anderer Branchenverbände waren die Untersuchungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und der Circana Group GmbH (ehemals: npdgroup Deutschland) wieder besonders relevant. Auf dieser Datenbasis erfasste die GIT den Markt des Bäckerhandwerks nahezu genau, wertete sie mit den Betriebsberatern der Landesinnungsverbände aus und stellte sie der Branche zur Verfügung.

Die GIT beriet Bäckereibetriebe auch direkt und bearbeitete branchenübergreifende Fachthemen.

 

Im Berichtszeitraum rückte die GIT folgende Themen in den Fokus: Energie und Kostensteigerungen, Digitalisierung, Inflation, Nachwuchs- und Fachkräftesicherung sowie neue Arbeitszeitmodelle. Zu den besonders nützlichen Angeboten der GIT gehörte zudem das Musterhandbuch zum Qualitätsmanagementsystem, das Betrieben Anregungen von der Produktion bis zum Verkauf, für eine bessere Struktur sowie für Organisation und Qualität lieferte. Beim Thema Betriebsnachfolge arbeitete die GIT an neuen Konzepten und Strategien. Darüber hinaus bewährte sich die digitale Betriebsbörse, die Betrieben kostenlos Verkaufsangebote und Kaufgesuche vermittelt hatte. Betriebe fragten zudem in erster Linie danach, wie sie mit den enormen Kostensteigerungen umgehen könnten.

GIT-Spezial: die Inflationsstudie 2022 – 2023

Der Zentralverband beauftragte im Berichtszeitraum eine Studie, um zu zeigen, wie sich die Kostenexplosion durch die Inflation auf das Kaufverhalten bei Brot und Backwaren auswirkte. Fazit: Die Auswirkungen sind sehr heterogen. Kunden hätten zwar großes Verständnis für die schwierige Situation der Bäckereien, seien aber auch zunehmend unsicher aufgrund der Situation im Allgemeinen. Deshalb würden sie sparen, obwohl dies finanziell nicht unbedingt notwendig sei. Aus den Ergebnissen leitete die GIT folgende Maßnahmen für Betriebe des Bäckerhandwerks ab:

 

  • Kunden Mehrwerte klarmachen und sie in den Fokus rücken
    • Geschmack pointieren, etwa durch Proben oder die Hervorhebung des Bestsellers
    • keine Einsparung bei der Qualität von Brot und Backwaren
    • natürliche Zutaten und traditionelle Herstellung kennzeichnen
    • Erreichbarkeit und Verfügbarkeit erhöhen, etwa durch Kooperation mit Händlern oder Lieferservices (auch um neue Kunden zu erreichen)

 

  • Offen und transparent kommunizieren
    • Verständnis der Verbraucher in der aktuellen Situation nutzen
    • Wo steigen Kosten in welcher Höhe? Kunden die Weitergabe der Kosten offen erklären
    • Was unternehmen Betriebe, um Preise halten zu können?

 

  • Nachfrage nach günstigeren Produkten möglichst bedienen
    • Wie viele Produkte und Sorten braucht es wirklich in Ihrer Bäckerei? Auswahl reduzieren (etwa mit Fokus auf Brot), trotzdem Auslage ansprechend gestalten
    • Staffelpreise oder Sonderangebote anbieten
    • Abos zu vergünstigten Preisen aufnehmen
    • anlassbezogene Aktionen anbieten (etwa Frühstück oder Kaffee und Kuchen für zwei Personen)
    • Kosten senken auf verschiedenen Wegen: etwa durch weniger Auswahl, einfachere Produkte, weniger Personal, kleinere Flächen, andere Öffnungszeiten

 

Nicht jede Maßnahme ist überall umsetzbar. Daher betonte die GIT, wie wichtig es ist, diejenigen zu identifizieren, die für das eigene Unternehmen funktionieren.

Umsatzentwicklung 2022
Entwicklung Ausbildungszahlen 2022