Ausbildung: Weiterhin der richtige Weg zur Fachkräftesicherung
Im Berichtszeitraum blieb der Auszubildenden- und Fachkräftemangel im Bäckerhandwerk spürbar. 2021 bot das Bäckerhandwerk 12.242 jungen Menschen einen Ausbildungsplatz. Im Vorjahr waren es noch 13.411, über 1.000 Auszubildende mehr.
Um die Fachkräftebasis der Innungsbäcker weiter zu stärken und dem Rückgang der Auszubildenden entgegenzuwirken, weitete der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks sein Engagement in diesem Bereich 2021/2022 aus. Neben der Nachwuchskampagne „Back dir deine Zukunft“, die seit zehn Jahren besteht, fand Ende Juni 2022 zum ersten Mal ein Ausbildungsgipfel des Bäckerhandwerks statt. Unter der Schirmherrschaft von Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger wurde im Dialog mit Ausbildern, Auszubildenden, Berufsschullehrkräften und weiteren relevanten Akteuren der Berufsausbildung diskutiert. Ziel war es, in gemeinsamen Workshops Handlungsfelder zu ermitteln, Lösungen zu erarbeiten und die Ausbildungssituation im Bäckerhandwerk nachhaltig zu stärken. Damit unterstützt der Zentralverband seine Betriebe passgenau, stärkt das Thema Ausbildung und macht die attraktiven und zukunftssicheren Arbeitsbedingungen für junge Menschen sichtbar.
Zentralverband auf der re:publica 22
Ist Ausbildung im Bäckerhandwerk wirklich nachhaltig, modern und digital? Diese Begriffe bilden aktuell noch keinen Gleichklang und werden nicht als zusammengehörig assoziiert. Dabei wächst das Bewusstsein für nachhaltiges Handeln und für digitale Ausbildungsmethoden im Bäckerhandwerk. Vom 8. bis 10. Juni 2022 war das Bäckerhandwerk zu Gast auf Europas größter Digitalkonferenz, der re:publica. Die re:publica Berlin ist weltweit eines der wichtigsten Festivals der digitalen Gesellschaft. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Any Way the Wind Blows“. Die Transformation zur Nachhaltigkeit und der technologische Wandel, so die Aussage der Veranstalter, könnten in einer globalisierten Welt nur dann gelingen, wenn die Grundlagen bereits in der Ausbildung gelegt werden. Viele Messebesucher nutzten die Gelegenheit für eine virtuelle Bakery-Tour: Mit einer 3D-Brille erhielten sie Einblicke in Bäckereien aus Deutschland, Griechenland, Frankreich, Island, Österreich und den USA. Die virtuellen Bäckereibesichtigungen waren ein multimediales Erlebnis und ermöglichten einen Rundgang durch Topbäckereibetriebe. Dabei wurden in Kurzfilmen in 360°-Optik Konzepte, Arbeitsabläufe sowie die Handwerksbäcker und ihre Geschäftsideen vorgestellt. In Sekundenschnelle befanden sich die Messebesucher dank der virtuellen Bakery-Tour im Herzen der Bäckereien in Herrenberg, Düsseldorf, Wien, San Francisco, Reykjavík oder Athen.
Die EU setzt auf Bildungs-Know-how des Zentralverbandes
Um die Anforderungen des Arbeitsmarktes zu meistern, erhielt der Zentralverband 2019 zusammen mit der Bundesakademie in Weinheim den Zuschlag für das Programm „Erasmus+“ der Europäischen Union. Es fördert strategische Partnerschaften, die zum Austausch über vorbildliche Berufsbildung einladen und Berufsausbildung attraktiver machen. 2021 und 2022 wurde das Projekt des deutschen Bäckerhandwerks „Talents4Bakery“ von der EU gefördert. Hier geht es darum, den Wissensaustausch von Ausbildern und Lehrkräften im europäischen Bäckerhandwerk zu verbessern, gemeinsam innovative Ideen und Methoden für die Berufsausbildung der Zukunft zu entwickeln und länderübergreifende Netzwerke zu stärken. Am Projekt beteiligt sind auch Partner aus Belgien, Spanien, Österreich und der Türkei.
Studium B. A. Business Management mit Schwerpunkt Bäckereimanagement
Seit dem Wintersemester 2021 gibt es den berufsbegleitenden Studiengang Business Management mit Schwerpunkt Bäckereimanagement. Dabei handelt sich um ein einmaliges Studienangebot in Deutschland, das den Schwerpunkt auf Führungskräfte und Unternehmensnachfolge von Bäckereien legt. Dieses einzigartige, auf die Bedürfnisse der Branche ausgerichtete Studium ist ein Angebot für Absolventen aller Fachschulen im ADB-Verbund. Es wird gemeinsam mit der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in Mannheim angeboten. Mit diesem Angebot ergänzt das Bäckerhandwerk sein Bildungsspektrum um einen anerkannten Bachelorabschluss. Bei Nachweis eines Meisterbriefs oder eines Abschlusses zum Betriebswirt des Handwerks erhalten die Studierenden bis zu 79 Leistungspunkte (ECTS-Punkte) gutgeschrieben. Für den Meisterbrief werden aufgrund der Vorqualifikation 46 ECTS-Punkte von der Hochschule angerechnet. Auf diese Weise kann das Studium berufsbegleitend und ohne Verdienstausfall in nur drei bis dreieinhalb Jahren absolviert werden. Liegt zusätzlich der Geprüfte Betriebswirt (HwO) vor, werden sogar 79 ECTS-Punkte angerechnet. Damit verkürzt sich die Studiendauer auf rund 2,5 Jahre, mit weniger Vorlesungszeiten. So dauert das berufsbegleitende Studium für Bäckermeister nicht länger als ein Vollzeitstudium. In nur drei bis dreieinhalb Jahren kann das Hochschulstudium mit dem anerkannten Titel Bachelor of Arts Business Management, Schwerpunkt Bäckereimanagement, abgeschlossen werden. So werden zusätzliche Anreize geschaffen, eine Weiterbildung zu erwägen. Das Studium ist zeitsparend und flexibel: Die Onlinevorlesung findet an nur einem Nachmittag pro Woche statt. Dazu kommen zwei Wochen Präsenzstudium pro Semester plus Zeiten zum Selbststudium zu Hause. Alles ist darauf ausgelegt, dass das Studium bestens mit beruflichen und familiären Verpflichtungen vereinbart werden kann.
Wörterbuch für Migrantinnen und Migranten im Bäckerhandwerk
Der Zentralverband hat auf den Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Flüchtlingssituation reagiert. Im Berichtszeitraum wurde zusammen mit dem Netzwerk „Unternehmen integrieren Geflüchtete“ eine neue Auflage des Bäckerhandwerk-Wörterbuchs erstellt und veröffentlicht. Hier finden sich viele branchentypische Begriffe aus der Bäckerwelt, die Flüchtlinge üblicherweise nicht lernen. Dazu zählen beispielsweise Fachausdrücke wie „Sichtkontrolle“. Das Wörterbuch übersetzt wichtige deutsche Begriffe in die Sprachen Ukrainisch, Russisch, Türkisch und Englisch. Die Wörter sind übersichtlich nebeneinander aufgeführt und gliedern sich in Rubriken wie Werkzeuge, Arbeitsvorgänge, Verkauf sowie Zutaten und Rohstoffe.
Bäckerjugend gewinnt nach 2019 auch 2022 die UIBC Weltmeisterschaft
Schon seit über 50 Jahren messen sich die prüfungsbesten Bäcker und Bäckereifachverkäufer jährlich in regionalen und überregionalen Wettkämpfen. Höhepunkt ist die Deutsche Meisterschaft der Bäckerjugend. Diese wird traditionell an der Bundesakademie des Bäckerhandwerks im badischen Weinheim ausgerichtet. Dieses Jahr traten 27 junge Absolventen aus den Abschlussjahrgängen 2020 und 2021 gemeinsam zur Deutschen Meisterschaft an, nachdem der Vorjahreswettbewerb pandemiebedingt verschoben werden musste.
Der Wettbewerb der Bäckerjugend fand unter Pandemiebedingungen mit entsprechenden Schutzmaßnahmen wie Corona-Tests statt. Die besten Bäcker der Deutschen Meisterschaft der Bäckerjugend 2020/21 wurden anschließend vom Team der Bundesakademie Weinheim sowie von der Deutschen Bäckernationalmannschaft für die 50. UIBC Weltmeisterschaft der Bäckerjugend trainiert. Letztere fand im Juni 2022 in Berlin statt. Für Deutschland gingen Susanna Rupp und Tina Maria Reicherter an den Start. Sie setzten sich erfolgreich gegen die Teams aus Chile, Singapur, Island und Vietnam durch und sind die neuen Weltmeister der Jungbäcker 2022.
Ausbildungsoffensive ist jetzt noch breiter aufgestellt
Die Ausbildungsoffensive soll junge Menschen für eine Ausbildung im Bäckerhandwerk begeistern. Zudem zeigt sie Chancen einer Ausbildung auf und bringt Betriebe mit Bewerbern zusammen. Werbemotive, Plakate und animierte GIFs, eine Radioaktion für Eltern, die Stellenbörse für Betriebe sowie die Kampagne „Back dir deine Zukunft“ machen auf die Ausbildungsoffensive aufmerksam. Eine besondere Rolle spielen dabei die sozialen Medien: Auf Instagram geben authentische Influencer aus den eigenen Reihen – die „Backfluencer“ – Einblicke in die Ausbildung des Bäckerhandwerks.
Die Berichtsheft-App macht Ausbildung digitaler und praktischer
Rechtzeitig zum Ausbildungsbeginn Ende 2020 brachten der Zentralverband und die Werbegemeinschaft eine „Berichtsheft-App“ heraus. Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe können hier die Tätigkeitsnachweise unkompliziert digital prüfen, sich direkt miteinander vernetzen und den Lernfortschritt im Blick behalten. Zudem bietet die App die Möglichkeit, sich umfangreich über Ausbildungsthemen zu informieren. Sie hilft dem Nachwuchs des Bäckerhandwerks, sich als Teil einer Gemeinschaft zu verstehen. Ein großer Schritt, der jedoch nötig und zeitgemäß ist. Bisher wurde das Azubi-Berichtsheft manuell gepflegt, ausgedruckt und zur Unterschrift vorgelegt. Die Berichtsheft-App bietet Azubis einen echten Mehrwert und wird stetig weiterentwickelt. Sie steht allen Azubis und Betrieben, die dem Zentralverband und der Werbegemeinschaft angeschlossen sind, kostenlos zur Verfügung.