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Vorwort: Krisenreiche Zeiten wie nie zuvor

Die Corona-Pandemie blieb in 2021/2022 nicht die einzige Krise. Der Krieg in der Ukraine, steigende Energiekosten, Rohstoffengpässe, Inflationssorgen und die Flutkatastrophe im Ahrtal trieben das Bäckerhandwerk um. Die Solidarität nach der Flutkatastrophe zeigt erneut: Mit einer starken Gemeinschaft kann man Berge versetzen.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

im letzten Jahr glaubten wir bereits, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Da ahnten wir noch nicht, dass die Corona-Pandemie nicht die einzige Krise bleiben wird, die es zu bewältigen gilt. Mit dem Krieg in der Ukraine und seinen dramatischen wirtschaftlichen Folgen taten sich im Februar 2022 ganz neue Dimensionen und Herausforderungen auf – horrend steigende Energiekosten, Rohstoffengpässe und bedrückende Inflationssorgen sind nur einige der gravierenden Probleme, die das Bäckerhandwerk ganz konkret treffen.

Umso eindeutiger ist die Position, die der Zentralverband angesichts dieser globalen Krise einnimmt. Mit eindringlichen Appellen wenden wir uns unermüdlich an die Bundesregierung. Dass der Angriff auf die Ukraine aufs Schärfste zu verurteilen ist, steht außer Frage. Dennoch dürfen wir uns mit den bereits verhängten Sanktionen gegen Russland und Belarus nicht selbst schädigen oder gar eine Rezession heraufbeschwören. Da helfen auch keine gut gemeinten Energie-Entlastungspakete, die tatsächlich nur für Industrieunternehmen gelten. Als systemrelevante Grundversorger müssen unsere energieintensiven Handwerksbäckereien genauso von den Zuschüssen für Gas- und Stromkosten profitieren! Die Verbraucher müssen mehr Netto vom Brutto bekommen, um die Kaufkraft nicht noch weiter zu schwächen. Es gilt, die Spirale aus steigenden Energiekosten, Inflation und Kaufzurückhaltung zu durchbrechen. Brot darf nicht zum Luxusgut werden.

Die Forderung nach niedrigeren Energiekosten stand bereits zu Beginn des Berichtszeitraums, noch vor dem Ukraine-Krieg, ganz oben auf unserer Agenda. Mit elf weiteren Kernforderungen wandten wir uns im Vorfeld der Bundestagswahl im September 2021 an die Politik. Auch für flexiblere Arbeitszeitregelungen, den Begriffsschutz für Bäckereien und den Abbau unserer überbordenden Bürokratie erhoben wir im Spätsommer lautstark unsere Stimme.

Nach der Wahl einigten sich die Ampelparteien schnell und bildeten die Ampelkoalition – vielleicht ein wenig zu schnell, bleibt doch der Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien aus unserer Sicht weit hinter den Erwartungen zurück: Das klare Aufbruchssignal für die Bäckerbranche fehlt! Vor allem die Erhöhung des Mindestlohns ab Oktober 2022 auf 12 Euro wird für viele Betriebe zu einem großen Kraftakt werden. In inflationären Zeiten ist es besonders besorgniserregend, wenn das Lohngefüge zusätzlich ins Wanken gerät. Positiv stimmt uns, dass unsere Forderung nach Abschaffung der EEG-Umlage, die wir bereits 2014 adressiert hatten, endlich gehört wurde, denn die EEG-Umlage wurde gestrichen.

Unsere hervorragende Vernetzung bis in die oberste Etage der Bundespolitik ist hierbei von Vorteil. So stehen Bundesernährungsminister Cem Özdemir und Bundesfinanzminister Christian Lindner als ehemalige Brotbotschafter genauso in enger Verbindung mit unserem Handwerk wie unsere aktuelle Botschafterin des Deutschen Brotes: Wir sind stolz, mit der CDU-Politikerin und Bundesvorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Gitta Connemann eine äußerst engagierte Mitstreiterin für unsere Belange auserkoren zu haben. Bei ihrer Ernennung am 10. Tag des Deutschen Brotes am 18. Mai 2022 überzeugte Frau Connemann mit einer fulminanten und vielversprechenden Rede. Die Veranstaltung fand nach zwei Jahren coronabedingter Pause nun wieder vor Ort statt.

Erfreulich war zudem, dass wir unseren Brotkorb dem neuen Bundeskanzler Olaf Scholz in diesem Jahr erstmals persönlich überreichen konnten. Während in den Vorjahren Kanzleramtschef Prof. Dr. Helge Braun unser Präsent empfangen hatte, nahm sich in diesem Jahr der Regierungschef selbst für uns Zeit. Unser Brotkorb wurde in einer Berliner Familienbäckerei übergeben. Dabei stand nicht nur die einmalige Bedeutung des Kulturgutes „Deutsches Brot“ im Mittelpunkt, auch die aktuellen Probleme, Sorgen und Nöte unseres Handwerks fanden direkt an der Basis in der Backstube auf höchster politischer Ebene Gehör.

Besser könnten die Voraussetzungen für unsere aktive Interessenvertretung gar nicht sein. Und das ist sogar wichtiger denn je. Damit sich unsere Betriebe auch morgen noch im Wettbewerb mit der Backindustrie behaupten können, müssen die Rahmenbedingungen für das mittelständische Bäckerhandwerk tragfähig bleiben. An Engagement in den eigenen Reihen fehlt es nicht. Wir können stolz sein auf die unermüdliche Tatkraft, Leidenschaft und Kreativität, mit denen die deutschen Handwerksbäcker den Widrigkeiten begegnen. Sie stehen den Menschen trotz Pandemie und Rohstoffengpässen zuverlässig zur Seite und versorgen sie regional mit einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel.

Dass Menschen in Deutschland diese Anstrengungen zu schätzen wissen, belegt der Anstieg des Umsatzes im Jahr 2021. Mit einer Gesamtsumme von 14,89 Mrd. Euro schließt der Umsatz zwar noch nicht ganz an das Vor-Corona-Niveau von 2019 an, dennoch befindet sich das Bäckerhandwerk mit einem Plus von 3 % gegenüber dem Vorjahr wieder auf Wachstumskurs.

Ein weiterer und zugleich enorm wichtiger Faktor, um erfolgreich am Markt zu bestehen, ist die Fachkräftesicherung der Betriebe. Die aktuellen Zahlen geben allerdings Anlass zur Sorge, ging die Anzahl der Beschäftigten im Bäckerhandwerk doch um 5,4 % auf rund 240.800 Mitarbeiter zurück. Auch die Zahl der Auszubildenden sinkt weiter. Lassen Sie uns diese negative Entwicklung mit vereinten Kräften stoppen! Initiativen wie Quereinsteigerprogramme für geflüchtete Menschen, die trendigen Nachwuchsfilme der „Back dir deine Zukunft“-Kampagne und unser erster Ausbildungsgipfel in Weinheim gehen definitiv in die richtige Richtung. Nachwuchskräftemangel ist eine der größten Herausforderungen des Bäckerhandwerks. Es gibt hier noch viel zu tun!

Dass wir zusammenhalten und als starke Gemeinschaft sprichwörtlich Berge versetzen können, stellen wir immer wieder aufs Neue unter Beweis. Die enorme Solidarität unter Bäckern, die auf die Flutkatastrophe im Ahrtal folgte, war und ist überwältigend: Dank der großzügigen Unterstützung von rund 900 Bäckereien und Einzelspendern aus der Branche in ganz Deutschland gelang es, binnen kürzester Zeit 1,9 Mio. Euro zugunsten der Opfer der Flutkatastrophe an der Ahr und Erft einzusammeln. Das Geld der Aktion „Bäcker helfen Bäckern“ kam 37 betroffenen Betrieben in der Flutregion zugute. Und auch im Fall des Krieges in der Ukraine helfen Bäcker, wo sie können – ob mit kreativen Spenden oder der Integration Geflüchteter in die Betriebe.

Dafür möchten wir uns bei Ihnen allen herzlich bedanken! Lassen Sie uns trotz der aktuellen Krisen mit Zuversicht nach vorn blicken und gemeinsam dafür sorgen, dass das Bäckerhandwerk eine goldene Zukunft hat.