03.2

Lebensmittelrecht

Der Gesetzgeber schafft neue Vorschriften, um Plastikabfälle zu vermeiden. Wie künftig mit Plastiktüten, Strohhalmen, Kaffeebechern und Mehrwegalternativen für Speisen und Getränke zu verfahren ist, lesen Sie in diesem Kapitel.

Einwegplastik im Fadenkreuz der Politik

  1. Plastiktüten sind seit 2022 verboten

Seit dem 1. Januar 2022 sind Einwegplastiktüten mit einer Wandstärke zwischen 15 und 50 μm verboten. Dickere Plastiktüten bleiben erlaubt, weil sie mehrfach verwendet werden können. Ebenfalls bleiben dürfen Hemdchenbeutel, die beispielsweise im Gemüsehandel verwendet werden, und Tüten für Fertigverpackungen. Für Bäcker wurde es durch dieses Verbot schwieriger, Brot mit kantiger Kruste fachgerecht zu verpacken.

  1. Strohhalme und Plastikbesteck sind seit Juli 2021 verboten

Zudem dürfen seit Juli 2021 bestimmte Produkte aus Einwegkunststoff nicht mehr ausgegeben werden, auch solche aus abbaubarem Biokunststoff nicht. Im Bäckerhandwerk betrifft das vor allem Strohhalme, Einwegbesteck und -geschirr sowie Becher aus Styropor. Alte Restbestände dürfen noch aufgebraucht werden, sofern sie vor dem 3. Juli 2021 angeschafft wurden.

  1. Kaffeebecher seit Sommer 2021 nur noch mit Kennzeichnung

Andere Einwegprodukte dürfen seit Juli 2021 nur noch dann ausgegeben werden, wenn sie speziell gekennzeichnet sind. Im Bäckerhandwerk gilt das insbesondere für Einweggetränkebecher. Alle kunststoffhaltigen Becher, die seit dem 3. Juli 2021 ausgegeben wurden, müssen gekennzeichnet werden. Auch hier dürfen Bäcker Restbestände aufbrauchen, die bereits beschafft wurden.

  1. Mehrwegalternative für Speisen und Getränke

Ab 2023 müssen Betriebe für To-go-Speisen und -Getränke immer eine Mehrwegvariante anbieten. Das bedeutet: Verkauft eine Bäckerei beispielsweise einen Kaffee im Pappbecher, muss sie dem Kunden anbieten, den Kaffee zum gleichen Preis auch im Mehrwegbecher kaufen zu können. Es wird jedoch nicht ausreichen, den Kaffee in einen mitgebrachten Becher einzufüllen. Für Papiertüten gilt diese Regelung nicht. Eine Ausnahme bilden zudem kleine Betriebe bis zu einer Verkaufsfläche von 80 m² und maximal 5 Beschäftigten. Der Zentralverband macht sich dafür stark, dass diese Ausnahme auf alle Bäckereien – unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter – ausgeweitet wird.

Viele Bäcker sind daher noch unsicher, welche Mehrwegalternative sie ihren Kunden tatsächlich anbieten sollen. Denn der „richtige“ Becher kann darüber entscheiden, wo sich der Kunde seinen nächsten Kaffee zum Mitnehmen holt. Der Gesetzgeber hat es an dieser Stelle leider versäumt, einheitliche und klare Standards zu setzen.

  1. Neue Nachweispflichten bei Transportverpackungen

Seit dem 1. Januar 2022 können Handwerksbäcker dem Lieferanten Transportverpackungen beim nächsten Liefertermin wieder mitgeben. Lieferanten müssen ihre Kunden darüber informieren und nachweisen, wenn eine Rücknahme erfolgte.

  1. Neue Registrierungspflichten für Serviceverpackungen

Bäckertüten, Brotpapier o. Ä. sind Serviceverpackungen. Seit 1. Juli 2022 müssen sich alle Bäckereien, die diese Verpackungen nutzen, auf der Website der „Zentralen Stelle Verpackungsregister“ registrieren und erklären, dass sie vorlizenzierte Serviceverpackungen verwenden.

  1. Pfandpflicht für alle Plastikflaschen

Am 1. Juli 2022 wurde die Pfandpflicht auf kunststoffhaltige Einweggetränkeflaschen, Getränkebehältnisse und Getränkedosen erweitert. Auch Flaschen oder Dosen, die mit Fruchtsaft gefüllt sind, müssen als Einwegpfand zurückgenommen werden. Für Betriebe zieht diese Entwicklung neue Anforderungen an die Hygiene nach sich.

Wohl nur der Anfang: Weitere Regelungen wahrscheinlich

Die Neuregelungen sind vermutlich nur ein erster Schritt zu weiteren Verpflichtungen beim Thema Müllvermeidung. So weit, so umweltschonend. Aber wo genau verläuft die Grenze zwischen „absolut verbotenen“ und „gerade noch so geduldeten“ Einwegprodukten? Die Antwort auf diese Frage bleibt diffus. Den Betrieben werden neue Pflichten auferlegt, ohne einen klaren Standpunkt einzunehmen oder eindeutige Alternativen anzubieten. Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Der Zentralverband wird sich daher auch künftig dafür einsetzen, die Belastungen für das Bäckerhandwerk so niedrig wie möglich zu halten. Doch um all die Maßnahmen sinnvoll umsetzen zu können, muss sich auch das Kundenverhalten ändern, etwa durch vermehrte Nutzung von Mehrwegbechern. Denn Mehrweggeschirr ist nur dann eine ökologisch sinnvolle Alternative, wenn es auch wirklich mehrfach verwendet wird.

Lebensmittelverschwendung 

Lebensmittel sind zu wertvoll, um mit ihnen verschwenderisch umzugehen. Einerseits ist es ethisch nicht zu vertreten, Lebensmittel, die noch zum Verzehr geeignet sind, einfach wegzuwerfen oder anderweitig zu vernichten. Andererseits motivieren betriebswirtschaftliche Gründe jeden Unternehmer, Lebensmittel, die im Betrieb hergestellt wurden, auch zu verkaufen und mit gekauften Rohstoffen sorgsam umzugehen.  

Deutschland hat sich dem Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen verpflichtet, das bis zum Jahr 2030 die Halbierung der Lebensmittelverschwendung vorsieht. Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner initiierte aus diesem Anlass eine Arbeitsgruppe, an der sich auch der Zentralverband beteiligt. 

Zusammen mit anderen Verbänden der Lebensmittelwirtschaft lehnen wir jedoch strikt den Begriff „Lebensmittelverschwendung“ in Bezug auf unsere Betriebe ab. „Verschwendung“ suggeriert hier, dass mit wertvollen Lebensmitteln verantwortungslos umgegangen wird oder dass sie sogar vorsätzlich vernichtet werden. In den Sitzungen und Videokonferenzen verlangten wir regelmäßig, dass anstelle dessen von „Lebensmittelverlusten“ oder „unvermeidbaren Lebensmittelabfällen“ gesprochen wird.  

Unsere Forderung wird durch eine Studie gestützt, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass über 50 % des Lebensmittelabfalls in Haushalten anfallen, sprich beim Verbraucher. Die Bereiche Urproduktion, Herstellung, Handel und Gemeinschaftsverpflegung (Gastronomie) sind dagegen nur für den kleineren Teil von 48 % verantwortlich. Entscheidend ist nach unserer Auffassung daher, dass der Verbraucher durch die Politik besser informiert und sensibilisiert wird. Davon erhoffen wir uns eine höhere Wertschätzung von Lebensmitteln. 

Das Bäckerhandwerk ist aus eigenem Interesse bereit, Lebensmittelverluste zu vermeiden und die Prozesse zu verbessern. Hierzu gehört neben der Sensibilisierung der Mitarbeiter und Auszubildenden auch das Vermeiden von übervollen Verkaufstheken bis zum Ladenschluss. Der Zentralverband setzt sich dafür ein, dass Klauseln in Mietverträgen, die bis in die Abendstunden gefüllte Regale vorschreiben, verboten werden. 

Neue Leitsätze für Brot und Kleingebäck

Seit Mai2021 gelten neue Leitsätze für Brot und Kleingebäck, die bisherigen waren zuvor rund 30Jahre lang unverändert geblieben. Damit diese im Interesse der Bäcker überarbeitet wurden, hatte der Zentralverband die Bäckereibetriebe mit starker Stimme vertreten. Es ergaben sich folgende Neuerungen: In allen Brotsorten dürfen bis zu 20 % Altbrot verwendet werden. Der Industrie wird es zudem schwerer gemacht, mit handwerklichen Abbildungen zu werben. Neue Begriffe wie „traditionelle Rezeptur“ und „traditionelle Herstellung“ werden eingeführt und an Kriterien geknüpft, die in der Regel nur Handwerksbäcker einhalten können. Außerdem wurden Brotbezeichnungen überarbeitet und erweitert. Auch der Begriff „Holzofenbrot“ wurde ausgedehnt. So darf der Begriff traditioneller Holzofen weiterhin hervorgehoben werden. Neu sind zudem die Leitsätze für Pudding, süße Desserts und verwandte Erzeugnisse. Dort findet sich seit kurzem ebenfalls der Begriff der „traditionellen Herstellung“. Eine digitale Übersicht der neuen Leitsätze für Brot und Kleingebäck bietet die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission auf https://www.deutsche-lebensmittelbuch-kommission.de/.

Zentralverband auch auf europäischer Ebene konsequent im Einsatz

Während Corona arbeitete der Zentralverband verstärkt international mit Verbänden aus ganz Europa zusammen. Er ist Mitglied im europäischen Bäckerverband „European Confederation of National Bakery and Confectionery Organisations (CEBP) sowie mittelbares Mitglied im europäischen Dachverband für den Mittelstand SMEunited“. Am 11. Juni 2022 wählte die CEBP anlässlich der Weltmeisterschaft der Bäckerjugend in Berlin einen neuen Vorstand. Auf Präsident Günther Koerffer aus Schweden folgte Dominique Anract aus Frankreich. Der Zentralverband wird durch seinen Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider vertreten.