03.5

Arbeits- und Sozialrecht

2022 wird ein zentrales Wahlversprechen der Ampelkoalition eingelöst mit massiven Auswirkungen auf Bäckereibetriebe in ganz Deutschland. Lesen Sie hier alle Einzelheiten zur Anhebung des Mindestlohns und welche Reformen bei Mini- und Midijobs beschlossen wurden.

Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro

Die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns war ein zentrales Wahlversprechen der SPD und offenbar Bedingung dafür, dass die Ampelkoalition zustande kam. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks setzte sich Ende2021 intensiv dafür ein, dass die Debatte um die Anhebung des Mindestlohns auf 2023 verschoben wird. Ein Teilerfolg stellte sich ein: Die Anhebung des Mindestlohns sollte auf Wunsch der SPD bereits zum 1. Januar 2022 erfolgen, sie wird jedoch „erst“ zum 1. Oktober2022 umgesetzt. Damit wurde der Forderung von Teilen der SPD, die Erhöhung möglichst kurzfristig umzusetzen, eine Absage erteilt.

Reform der Minijobs

Nach dem Mindestlohn wurde von der Ampelkoalition auch die Minijob-Verdienstgrenze auf 520Euro angehoben, womit eine langjährige Forderung des Zentralverbands aufgenommen wurde. Die Anhebung war überfällig und dringend notwendig. Die Minijob-Grenze soll sich künftig an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren.

Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung für Minijobber gescheitert

Darüber hinaus plante das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Frühjahr2022, eine Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung für Minijobber einzuführen. Die Pläne des BMAS sahen vor, dass Minijobber künftig ihre tägliche Arbeitszeit unmittelbar bei Arbeitsaufnahme bzw. -ende elektronisch und manipulationssicher aufzeichnen und dies elektronisch aufbewahrt wird. Auf gleiche Weise sollte mit der Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung verfahren werden. Dies hätte die bisher vorgesehenen Aufzeichnungspflichten erheblich ausgeweitet und neue, zusätzliche Bürokratie für die Betriebe mit sich gebracht. Die Kritik des Zentralverbandes und anderer Verbände war erfolgreich: Das Vorhaben wurde nach massivem Protest zurückgezogen.

Reform der Midijobs

Nach der Erhöhung des Mindestlohns und der Minijob-Reform (s.o.) bereitete die Politik im Frühjahr2022 eine Reform der Midijobs vor. Die wesentlichen Inhalte waren: Die Obergrenze der Midijobs soll von 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben werden. Des Weiteren sollen Arbeitgeber für Beschäftigte im Midijob-Bereich anstelle der bisher üblichen 20% künftig bis zu 28% Sozialabgaben zu tragen haben. Dies hätte eine Abkehr der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge zur Folge: Die Sozialversicherungsbeiträge sollen im Midijob-Bereich künftig allein vom Arbeitgeber übernommen werden. Der Zentralverband war überzeugt, dass das Bäckerhandwerk durch die geplante Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge stark belastetet werden würde, denn in den Bäckereien sind sehr viele Teilzeitkräfte im neuen Midijob-Bereich beschäftigt. Der Zentralverband bat daher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und ausgewählte Bundestagsabgeordnete, gegen die geplanten Änderungen zu intervenieren. Die Kritik war, dass die Lohnzusatzkosten erheblich verteuert würden. Dies käme einer neuen Strafabgabe gegen Teilzeitarbeit“ und einem Bruch mit der Tradition der Sozialversicherung gleich, bei der Beiträge je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen werden. Der Einsatz des Zentralverbandes und anderer Wirtschaftsverbände war bei diesem Vorhaben jedoch nicht erfolgreich. Die oben genannten Punkte wurden von der Ampelkoalition eins zu eins beschlossen.

Änderung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG)

Der Zentralverband setzt sich seit längerem dafür ein, dass die Höchstarbeitszeit bei der Herstellung von Backwaren an Sonn– und Feiertagen ausgeweitet wird. Eine entsprechende Forderung wurde vom Zentralverband an die etablierten Parteien und ausgewählte Politiker herangetragen. Es konnte ein Teilerfolg verbucht werden: Der Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ der Ampelkoalition sieht vor, dass die tägliche Höchstarbeitszeit verlängert werden kann – allerdings nur per Tarifvertrag. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist vom BMAS noch im Jahr2022 geplant. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kündigte allerdings bereits öffentlich an: „Solche Tarifverträge wird die NGG nicht abschließen.